Vorstellung des Projekts MAKEitREAL für Mädchen mit Migrationshintergrund

Im musischen Bereich werden Kinder und Jugendliche seit vielen Jahren außerschulisch mit höchstem Engagement gefördert. Man denke nur an das umfassende Angebot einer Musikschule mit ihren qualifizierten Lehrkräften. Ähnliches gilt für Bildende Kunst und Theater. Hier macht sich die Jugendkunstschule mit einer Fülle von Angeboten stark. Am Heilbronner Theater wurde für diese Zielgruppe eine junge Bühne im Clubformat eingerichtet. Anders sieht es in den MINT-Bereich aus (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zusammengefasst: MINT). Hier finden neugierige junge Forscher und Forscherinnen nicht die Dichte an Angeboten und Wegweisern, wie sie sich das vielleicht wünschen würden.

Um dies zu ändern verbinden sich die Hochschule Heilbronn, die Stadt Heilbronn und der Landesverband für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung Baden-Württemberg (natec) zu einer einzigartigen Kooperation: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt »MAKEitREAL« als eines von insgesamt 26 Ideen in der ersten Ausschreibungsphase des MINT-Aktionsplans zur Bildung eines MINT-Verbundes für förderungswürdig befunden.

MAKEitREAL wendet sich gezielt an junge Mädchen mit Migrationshintergrund, um ihr naturwissenschaftliches Interesse zu wecken und zu fördern. Für sie wird ein mobiler Makerspace geschaffen, der ausgerüstet ist mit allem was das forschende Technikerinnenherz begehrt. Der »mobile Makerspace« soll die Heilbronner Quartierzentren anfahren und dort regelmäßig in den Räumlichkeiten angeboten werden.

Verbundleiterin Prof. Dr. Nicola Marsden, Hochschule Heilbronn: »Unsere Zielgruppe sind Mädchen mit Migrationshintergrund im Alter von 10-16 Jahren. Genau diese Gruppe wird mit Angeboten bisher nur sehr dürftig versorgt, deshalb haben wir uns genau sie ausgesucht. Wir schaffen durch unsere mobilen Makerspaces eigene Räume für junge Mädchen, in denen sie gemeinsam mit anderen ein ganz auf sie ausgerichtetes niederschwelliges Angebot wahrnehmen können. So können sie in einem positiven und selbstwirksamkeitsfördernden Umfeld in Kontakt mit MINT-Themen kommen.«

Um die Zielgruppe zu erreichen, kommt die Stadt Heilbronn ins Spiel, die den direkten Kontakt zu den Mädchen ermöglicht und die Eltern integriert. »Wir gehen, sobald es die Lage zulässt, vor Ort in die Stadtteile. Wir fahren die Ausstattung dort hin und verwandeln beispielsweise ein Mal pro Woche einen Raum in einem der neu entstehenden bzw. entstandenen Quartierszentren in einen Makerspace. Wir arbeiten mit kulturellen Mittlerinnen zusammen und sind nah am räumlichen Umfeld der Mädchen. Um das Angebot konsequent an der Zielgruppe auszurichten, entwickeln wir es gemeinsam. Mädchen mit Migrationshintergrund werden durch Interviews, Befragungen und gemeinsame Entwicklung und Bewertung von Angeboten von Anfang an beteiligt«, erklärt Roswitha Keicher, Integrationsbeauftragte der Stadt Heilbronn.

Studentinnen werden im MAKEitREAL-Projekt als Mentorinnen und „Role Models“ involviert sein, um die Mädchen anzuleiten und als Lernbegleiterinnen zu fungieren. ,,Jedes Jahr steigt die Anzahl Studierender, die ein MINT-Fach wählen. Für MINT-Absolvent*innen sind die Arbeitsmarktbedingungen sehr gut. Fast 30 Prozent aller Beschäftigten sind in diesen Bereichen tätig. Jedoch steigt der Frauenanteil seit nur langsam an‘', erläutert Marsden.

Doch die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Marsden: »Durch die Digitalisierung der Gesellschaft steckt MINT heute in fast allen Berufsbildern. Das veraltete Bild von Technik auf der einen und kreative und soziale Tätigkeiten auf der anderen Seite ist überholt: Die Herausforderungen von morgen werden in interdisziplinären Teams bearbeitet. Die praktische Anwendung und das Gestaltungspotenzial von MINT wird in Makerspaces erlebbar. Das kann Vorbehalte abbauen und die Mädchen für diese Bereiche begeistern.«

Mittel- und längerfristig werden die Mädchen begleitet, um weiterführende Angebote in der Region wahrzunehmen, z. B. den Makerspace in der experimenta Heilbronn oder studien- und berufsvorbereitende Angebote. Hier ist das Konzept eines MINT-Clusters wichtig: »Wir vernetzen uns gezielt in der Region, um diesen Transfer zu ermöglichen, arbeiten eng mit Kooperations- und Netzwerkpartner*innen, die in unterschiedlichster Weise in der MINT-Szene aktiv sind, zusammen«, erklärt Martina Forstreuter-Klug, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes für naturwissenschaftlich-technische Jugendbildung in Baden-Württemberg. Ein erstes virtuelles Treffen mit den MAKEitREAL Kooperationspartner*innen hat deutlich das Interesse der Akteur*innen aufgezeigt, sich an dem Verbundprojekt aktiv zu beteiligen. Eine Vielzahl von konkreten Angeboten und kreativen Ideen werden weiter verfolgt.

Im Moment befindet sich das Projekt coronabedingt noch in den Kinderschuhen. Es werden Online-Workshops angeboten, die von den Mädchen begeistert wahrgenommen werden. Bisher haben die Mädchen u.a. digitale Bücher erstellt, Stromkreise auf Papier mit LED-Stickern gebastelt und gemeinsam ein Escape-Game zum Thema Weltraum gemeistert. »Wir freuen uns sehr über das große Interesse der Mädchen, von denen viele inzwischen regelmäßig dabei sind. Wir können es kaum erwarten, noch viele tolle Projekte mit Ihnen auch vor Ort durchzuführen«, berichten Monika Pröbster und Claudia Herling von der Hochschule Heilbronn. Sobald es die Pandemie zulässt, wird MAKEitREAL an verschiedenen Standorten in der Stadt aufgebaut und die Mädchen können praktisch durchstarten.

Wissenschaftliche Ansprechpartner: 
Hochschule Heilbronn (Geschäftsführung und Federführung), Prof. Dr. Nicola Marsden