Digital-Truck: Wenn Schüler Roboter zum Leben erwecken
Der neue Digital-Truck der Landesregierung steuert ein Jahr lang 45 Grundschulen in Hessen an. An der Wiesbadener Krautgartenschule ist er schon gewesen. Kinder haben mehr Spaß als mit Lego gehabt.
Robert, Alessia und Remi sitzen an einem Tisch vor ihren Pads und setzen konzentriert kleine Roboter zusammen. »Das macht mehr Spaß, als zu Hause Lego zu bauen«, sagt der neun Jahre alte Robert und drückt einen viereckigen roten Kopf auf den blauen Hals. Remis Roboter ist bereits fertig, und der Zehnjährige beginnt, Befehle an den kleinen Maschinenmenschen in seinem Pad zu programmieren. Plötzlich dreht sich der rote Roboter-Kopf mit der weißen Plastikkappe, und die drei Viertklässler jubeln. Mit ihrer Freude sind sie nicht allein, denn mit am Tisch sitzt Hessens Kultusminister Alexander Lorz. Er schaut den Kindern über die Schulter und lächelt zufrieden, als die Schüler ihre Roboter zum Leben erwecken und programmieren.
Der Ort dieser ungewöhnlichen Schulstunde am Dienstag war der neue Digital-Truck der Landesregierung, der auf dem Schulhof der Wiesbadener Krautgartenschule stand. Lorz und Digitalministerin Kristina Sinemus (beide CDU) gaben den Startschuss für die Tour des Trucks, der ein Jahr lang durch alle 15 hessischen Schulamtsbezirke fahren und an 45 Grundschulen Station machen soll. Der Truck ist modular aufgebaut und wird auf dem Schulhof abgesetzt. In Wiesbaden stand ein Modul, auf größeren Schulhöfen mit mehr Kindern können zwei Module eingesetzt werden. Das Angebot richtet sich Dritt- und Viertklässler.
Spielerisch lernen
Der Digital-Truck ist kein langweiliger Infostand, sondern eher ein rollendes Klassenzimmer, das mit digitalen Endgeräten, den erwähnten Robotern und mehreren Werkzeugen für Künstliche Intelligenz (KI-Tools) ausgestattet ist. An jeder Grundschule, die der Truck anfährt, können die Kinder in einer Aktionswoche spielerisch lernen, wie sie mit digitalen Geräten umgehen und wofür diese eingesetzt werden. »Der Digital-Truck soll Kindern frühzeitig wichtige Medienkompetenzen vermitteln und sie auf pädagogisch fortschrittliche Weise für die Technologien der Zukunft begeistern«, fassten Lorz und Sinemus die Aufgabe des mobilen Klassenzimmers zusammen.
Die beiden Projektleiter Jutta Schneider und Thomas Schmidt veranstalten Workshops mit den Schwerpunkten Programmierung, Robotik, Künstliche Intelligenz, Erstellung von Stop-Motion-Videos und Digitales Schreiben und Publizieren für die Kinder, aber auch Lehrer und Eltern an den jeweiligen Schulen können dabei einiges s lernen. »Wir wollen, dass sich Kinder und Lehrkräfte nicht einfach nur Bedienkompetenzen aneignen, sondern ein digitales Problemlösungsbewusstsein entwickeln, das ihnen auch außerhalb der Schule von Nutzen sein wird«, sagte Lorz und rief den Kindern zu: »Ihr seid die Ersten, die den Digital-Truck ausprobieren können.« Dann gab der Kultusminister den Viertklässlern eine Lebensweisheit der alten Römer mit auf den Weg: Niemand wisse, was er zu leisten vermag, sofern er dies nicht ausprobiert habe. Und zum Ausprobieren sei der Truck da.
Sinemus bezeichnete den Truck als ebenso wichtig wie die dauerhafte Schaffung von digitaler Infrastruktur, weil er den Kindern die Berührungsängste vor neuen oder unbekannten Technologien nehme. »Gerade in der Grundschule können ganzheitliche und erfahrungssensible Lernformen außerhalb des Klassenraums helfen, Digitalisierung zu erleben.« Werkzeuge und Anwendungen ließen sich spielerisch vermitteln, wenn dies früh geschehe. Die Schüler würden auf die digitale Zukunft vorbereitet. Auch die technische Infrastruktur sei von entscheidender Bedeutung für die digitale Ausbildung. Laut Sinemus verfügen von den rund 2000 hessischen Schulen bereits 1423 über einen gigabitfähigen Internetanschluss.
Da nicht alle Grundschulen von dem Truck besucht werden, können die Inhalte online eingesehen werden. Lehrer und Eltern können die Unterrichtsmaterialien betrachten und sich mit den vom Truck besuchten Schulen vernetzen. Auch ist geplant, die Lehrerfortbildung auszubauen und die Inhalte des Trucks allen Schulen zugänglich zu machen. »Die Ausrüstung allein bringt nichts, wenn keine Fortbildung folgt«, sagte der Leiter der Krautgartenschule, Hans-Christian Dederer.
Für die Kinder war das erkennbar nebensächlich, den Truck mit all seinen Möglichkeiten fanden sie offensichtlich spannend. Als Projektleiter Schmidt fragte, was das für orange Dinger seien, die auf dem Tisch lägen, gingen die Finger nach oben. »Das orange Teil ist das Herz des Roboters«, antworteten die Schüler. Und auf die Frage, wo das Hirn des Roboters sei, erhielt er ruckzuck die clevere Antwort: »Das steckt im iPad.«
Quelle: FAZ, Autor: Robert Maus