Digitalisierung an Berliner Schulen: "Tablets für alle, und zwar sofort"
"Die Corona-Krise hat die zähe Berliner Bildungspolitik in Bewegung gesetzt. Nachdem die Schulverwaltung das Thema Digitalisierung über Jahrzehnte mit spitzen Fingern angefasst hat, greift sie jetzt ins Volle. Der Nachholbedarf ist gewaltig.
Der ehrwürdige Bildungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus überträgt seine Sitzung per Stream live ins Internet. Abgeordnete sind aus dem Homeoffice zugeschaltet, als wäre es das Normalste der Welt. Dass Digitalisierung möglich ist, haben die Abgeordneten in den letzten beiden Monaten erfahren. Jetzt müssen die Parlamentarier die Frage lösen, wie nach dem Ende des Homeschooling auch die Schulen digital arbeitsfähig werden.
Von den traditionellen, ideologisch aufgeladenen Schuldebatten ist nichts mehr zu spüren. Stattdessen tun sich pragmatische Allianzen auf. Die Linke Schulexpertin Regine Kittler lobt ausdrücklich den Christdemokraten Dirk Stettner. Dass er Tablets zum Ausleihen »für jeden Schüler und jeden Schüler und jede Lehrkraft fordert, finde ich großartig«. Das sei ja eine typische Forderung der Linken.
43.000 Tablets für bedürftige Schüler
Stettner muss seinerseits anerkennen, dass er die SPD-geführte Bildungsverwaltung unterschätzt hat. Seiner plakativen Forderung nach »100.000 Tablets sofort« am letzten Dienstag kommt der Senat zwar nicht vollumfänglich nach. Aber zwei Tage später verkündet Schulstaatssekretärin Beate Stoffers, »dass wir hier eine Beschaffung auslösen von insgesamt 43.000 Geräten«. Vor den Ferien werden sie nicht mehr geliefert, aber noch im Sommer sollen die Geräte verteilt werden.
Fast 10.000 iPads mit Tastatur und zentraler Softwareverwaltung wurden bereits an sozial bedürftige Schüler verteilt. Weil der Bedarf noch deutlich größer sei, bestelle man jetzt nach. Die genauen Kosten stehen noch nicht fest. Aber weil der Bund im Rahmen des Digitalpakts den Berliner Schulen 257 Millionen Euro zur Verfügung stellt, macht das Geld die geringsten Probleme.
Allerdings: Sollten die neuen Tablets im neuen Schuljahr tatsächlich in großem Stil eingesetzt werden, gebe es dort ein Folgeproblem, warnt Dirk Stettner. Nur ein Bruchteil der Schulen hat einen Breitbandanschluss. »Die vorhandenen Anschlüsse reichten in der Regel gerade mal für das Schulsekretariat«, aber nicht für systematischen digitalen Unterricht oder Videokonferenzen, sagt Stettner. »Optimal nach dem Ende der Schulschließungen wäre integriertes Lernen – sowohl mit Präsenzunterricht als auch mit virtuellem Unterricht zuhause. Dafür brauchen wir als erstes vernünftige Breitbandanschlüsse.«
Kaum Breitbandanschlüsse
Aber wie viele genau, kann auch die Schulverwaltung nicht sagen. Einen Überblick darüber gibt es genauso wenigen wie über die Zahl oder Qualität von LAN-Verkabelungen und WLAN-Installationen in den Berliner Schulen. Denn für die Ausstattung der Schulgebäude sind die Bezirke zuständig, und auch denen fehlt der Überblick. Jetzt hat das Parlament Geld zur Verfügung gestellt, mit dem Profis damit beauftragt werden sollen, den Bestand zu dokumentieren und Angebote für den Ausbau einzuholen..."