Mein Leben als Anfänger - Lehrer im digitalen Neuland
"Nur mit Empathie lassen sich Schüler erreichen und Inhalte vermitteln. Das ist im Digitalen jedoch schwierig. Schüler können leicht abtauchen und bleiben vereinsamt zurück. Der Leipziger Lehrer Jens-Uwe Jopp erklärt im Interview mit MDR SACHSEN, wo die Klippen des digitalen Unterrichts und Schulalltags liegen.
Sie bezeichnen sich als Oldie der Digitalisierung, warum?
Wir sind ja früher noch zu den Häusern unserer Freunde gegangen und haben geguckt, ob und welches Licht brennt und wir klingeln können. Heute geht nichts, ohne vorher anzurufen oder eine Nachricht zu schicken. Da geht viel an Überraschung verloren.
Wie sind Sie als Oldie denn mit dem häuslichen Lernen klargekommen?
Ich habe, genauso wie die Schüler, seit Anfang Januar zusammenbrechende Videokonferenzen erlebt und schwarze Bildschirme bei der Hälfte der Kurse, weil sich die Damen noch nicht geschminkt hatten. Ich habe das also alles durch. Wichtig ist, eine Art Ansprache zu finden, um die Schüler zu erreichen. Einfach nur Aufgaben ins Netz zu stellen, reicht nicht aus. Das ist viel zu wenig. Ich selbst bin nicht von Schwierigkeiten frei. Letzte Woche musste ich auch mit dem Techniker auch herumwurschteln, um ganz schnell und hochwertig präsent zu sein.
Machen sie Videokonferenzen?
Gott sei Dank arbeite ich meistens gerade im Präsenzunterricht, ich unterrichte also in Live-Konferenzen mit Abstand. Doch ja, klar mache ich auch Videokonferenzen. Die Schüler wollen natürlich nicht um acht beginnen. Da liegt der Scheitel noch nicht gerade, der Schminkkasten kam noch nicht zur Anwendung, oder sie sind schlichtweg noch nicht munter. Doch das hilft ja alles nichts, die nächsten Kollegen warten ja danach auch auf ihre Stunde. Eltern haben mir auch gesagt, ich solle die Kinder ruhig früh aus dem Bett jagen, die sollen nicht so lange im Nest liegen.
Schon der Start ist also eine Herausforderung?
Es ist nicht so einfach, die Schüler früh um acht, zu diesen unchristlichen Zeiten, wach in die Videokonferenz hinzubekommen. Man darf nicht vergessen, Sie sehen ja da 20 kleine Bildschirme, mit ganz verschiedener Qualität. Die Kollegen aus der Sekundarstufe I stöhnen da noch mehr, sie haben ja bis zu 30 Kinder. Und wenn der kleine Max in den Baukasten fällt, während er das Mikro anschaltet, ist das eine interessante Beigabe für die Ohren. Dann bricht das Netz zusammen – Sie wissen ja, dass unsere Internet Qualität nicht überall gleich mäßig gut ist. Die Liste ist lang..."