Ministerin Prien über Schule nach den Ferien: "Ich mache nicht mit beim Lehrerbashing"

"Aber Nachholbedarf beim digitalen Unterricht sieht die Kieler Bildungsministerin Karin Prien durchaus. Ein Gespräch über Schule nach den Ferien.
Karin Prien, seit 2017 Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Schleswig-Holstein, ist derzeit eine der profiliertesten Persönlichkeiten in der deutschen Bildungspolitik. Die Position, mit der sie im Frühjahr für eine bundesweite Diskussion sorgte - die Abiturprüfungen zugunsten von mehr Präsenzunterricht ausfallen zu lassen - verteidigt Prien im Interview. Die Juristin und CDU-Politikerin war zuvor in Hamburg Mitglied der Bürgerschaft. Das Gespräch führte Amory Burchard. 


► Frau Prien, kaum kündigten KMK-Chefin Hubig und Bundesbildungsministerin Karliczek an, dass sich Bund und Länder rechtzeitig vor dem neuen Schuljahr auf einen gemeinsamen Rahmen für Hygiene- und Schutzmaßnahmen verständigen wollen, haben sie Ihren Plan für „Ein Schuljahr im Corona-Regel-Betrieb“ in Schleswig-Holstein schon vorgelegt. Wozu braucht es da überhaupt noch bundesweite Absprachen, wenn die 16 Länder eh’ ihre eigenen Wege gehen?
Entgegen dem Eindruck, den Sie wiedergeben, ist die Abstimmung in der KMK seit Mitte März so gut, wie ich sie bisher nicht erlebt habe. Wir stimmen uns alle zehn bis 14 Tage auf Ministerebene und wöchentlich auf Staatssekretärsebene ab und kommen ja auch in regelmäßigen Abständen zu gemeinsamen Beschlüssen. Wir haben am 18. Juni gemeinsam beschlossen, nach den Sommerferien den Regelbetrieb wieder aufzunehmen – und darauf antwortet unser Konzept. Wir starten am 26. Juni in die Ferien, da müssen wir den Schülerinnen und Schülern und den Schulen vorher sagen, wie es ab August weitergeht. 

► Aber müsste die KMK nicht schon früher ein mit den Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts abgestimmtes Vorgehen festlegen?
Das ist Bildungsföderalismus – mit vielen positiven Seiten, die sich gerade in der Krise gezeigt haben. Er eröffnet die Möglichkeit, abhängig von den Rahmenbedingungen angemessene Maßnahmen und Pläne zu entwickeln. Das fängt mit dem Infektionsgeschehen an, das ja in Schleswig-Holstein kaum messbar ist und in NRW oder in Bayern in manchen Gegenden durchaus beachtlich. 

► Was bedeutet nun ein »Corona-Regel-Betrieb« für Schüler, Schülerinnen, Eltern und Lehrkräfte? Nach einem normalen Schulbetrieb, nach dem sich alle sehnen, klingt das nicht.
Wir sind ja nach wie vor in der Pandemie, das können wir nicht wegdiskutieren. Und deshalb werden wir so viel Präsenzbetrieb wie irgend möglich machen, ergänzt durch digitale Formate, bei denen wir ja eine große Lernkurve hingelegt haben. Aber wir sind uns der Tatsache bewusst, dass für die Familien und für die einzelne Schülerin der Vorrang des Präsenzunterrichts der richtige Weg ist. 

► Für den Fall, dass es im Spätsommer, Herbst keine zweite Pandemie-Welle gibt: Sollen die Schulen komplett zum gewohnten Unterricht wie vor der Krise zurückkehren?
Das Infektionsgeschehen lässt sich nicht vorhersagen. Aber die extrem drastische Maßnahme, alle Schulen im Land zu schließen, werden wir so vermutlich nicht mehr ergreifen müssen. Sollte es nach den Ferien punktuell oder regional Ausbrüche geben, werden wir darauf punktuell und regional reagieren. Und das, was wir in der Krise gelernt haben – anders mit digitalen Möglichkeiten zu arbeiten – nehmen wir ins neue Schuljahr mit..."

Zum Interview auf DER TAGESSPIEGEL.