"Kein Netz! Kein Elektriker!": Woran digitale Schule krankt
"Digital-Unterricht mit Hindernissen: Im Frühling fehlten vielen Kids die Tablets, vielen Lehrern die Erfahrung und der Lernplattform die Ausdauer. Wie sieht es jetzt aus? Als am 21. März über Bayern der Lockdown verhängt wurde, haperte es mit der Digitalisierung an Bayerns Schulen gewaltig. Von jetzt auf gleich musste der Unterricht für rund 1,65 Millionen Schüler aus den Klassenzimmern ins Netz verlagert werden – darauf war Bayern nicht vorbereitet. Wie sieht es sechs Monate später aus? Sind die drei großen Probleme der Digitalisierung gelöst? Eine Recherche in Unterfranken.
Problem 1: Lernplattformen ungenügend
Die Lernplattform Mebis, das Internetportal des Bayerischen Kultusministeriums, war für Massenzugriffe nicht ausgelegt und brach, zumindest in der Anfangszeit, oft zusammen. Lerneifrigen Schülern, die um 7 Uhr aufstanden und um 7.10 Uhr Mebis aufriefen, gelang es zwar durchaus, sich einzuloggen; Schüler aber, die zu Stoßzeiten Mebis anwählten, mussten draußen bleiben. Durch den Zusammenbruch der Seite zu Beginn des Lockdowns sei »viel Vertrauen verspielt worden«, urteilt der Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik-Didaktik an der Universität Würzburg, Professor Hans-Stefan Siller, an dessen Lehrstuhl eine Umfrage zum Homeschooling durchgeführt wurde. Siller zufolge ist Mebis aber »prinzipiell nicht verkehrt«. Das System müsste, meint der Professor, zukünftig aber »konsequent von der ersten bis zur letzten Klasse eingesetzt werden«.
⇒ Mebis (Abkürzung für Medien, Bildung, Service) ist ein digitales Angebot des Bayerischen Kultusministeriums, das Schüler online nutzen können. Das Kernstück des Angebots ist eine Plattform auf der Lehrkräfte Aufgaben, Materialien und Prüfungen mit Schülern teilen können.
Nach Einschätzung befragter Lehrer ist Mebis mittlerweile deutlich verbessert worden und aktuell viel belastbarer. Dies findet auch der unterfränkische Ministerialbeauftragte für Realschulen, Karlheinz Lamprecht. Mit Blick auf das Online-Tool »Microsoft Teams for Education« sagt Lamprecht aber: »eams ist besser«". »Teams« ist ein Werkzeug, mit dem Schüler im Distanzunterricht an Videokonferenzen mit dem Lehrer teilnehmen können, mit dem sie Dateien austauschen und Dokumente gemeinsam bearbeiten können. Lehrkräften erlaubt »Teams«, im virtuellen Unterricht umzuschalten – etwa von der Porträt-Einstellung auf den dozierenden Lehrer zu einer Computerdatei und zurück. Im Juni hat Bayerns Kultusministerium allen weiterführenden Schulen zusätzlich zu Mebis auch »Teams« zur Verfügung gestellt. »Vorerst nur im Probebetrieb für ein Jahr. Aber ich hoffe sehr, dass wir es danach weiter benutzen dürfen«, schwärmt Lamprecht.
⇒ Teams des Hard- und Software-Herstellers Microsoft ist eine Online-Plattform, die schriftliche Kommunikation, Video-Besprechungen, Notizen und das Teilen von Dokumenten ermöglicht. Nutzer können sich in separaten Kanälen austauschen, Lehrkräfte ihren Schülern Feedback zu abgegeben Arbeiten geben.
Aber auch weitere Systeme werden an Unterfrankens Schulen genutzt. »Wir haben Nextcloud verwendet«, berichtet eine Schülerin des Würzburger Röntgen-Gymnasiums, das wegen eines Corona-Falls kurz nach dem Schulstart komplett auf Distanzunterricht umschalten musste. »Jede Klasse hat ihren eigenen Zugang mit Passwort bekommen und dann wurden unsere Aufgaben dort reingestellt. Ich finde die Cloud relativ übersichtlich und es war einfach, darauf zuzugreifen. Zusätzlich hatten wir Zoom-Konferenzen.«
⇒ Nextcloud ist eine frei verfügbare und weitgehend kostenfreie Software, die das Speichern und Teilen von Dokumenten im Internet ermöglicht. Auch Videokonferenzen – etwa für digitale Referate –sind mit dem Programm möglich.
⇒ Zoom ist ein Online-Video-Dienst, der auf dem Computer oder auf dem Smartphone genutzt werden kann. Teilnehmer in Gruppen-Konferenzen können dort per Video miteinander kommunizieren, sich gegenseitig ihre Bildschirme zeigen und mit Anmerkungen versehen.
Fazit: Interaktiver Unterricht funktioniert in Bayern aktuell besser als im Frühjahr, weil die kultusministerielle Lernplattform überarbeitet wurde und das Ministerium mit »Teams« den Schulen ein professionelles Tool zur Verfügung gestellt hat und aktuell die Nutzung zahlreicher weiterer kommerzieller, digitaler Werkzeuge wie Nextcloud oder Zoom im Unterricht gestattet. Inwieweit die Nutzung kommerzieller Software datenschutzrechtliche Probleme aufwirft und ob das Nebeneinander vieler verschiedener Tools in den Schulen sinnvoll ist, muss noch geklärt werden..."
Problem 2: Mangel an Hardware...