Künstliche Intelligenz im Unterricht? Lehrkräfte aus Österreich berichten
Hannah Schatzberger, Lehrerin an der Höheren technischen Bundeslehranstalt Hollabrunn (HTL), erklärte in einem ORF-Interview, wie sie im Unterricht mit Künstlicher Intelligenz umgeht. Auch Lehrer Hermann Dangl hat bereits Erfahrungen damit gemacht.
Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug in unsere Schulen. Hannah Schatzberger ist Lehrerin für Geschichte, Geografie und politische Bildung an der HTL Hollabrunn und erläuterte im Interview mit orf.at, wie KI-basierte Systeme nicht nur Lehrern, sondern auch Schülern zugutekommen können.
Schatzberger bemerkte anfänglich Skepsis gegenüber KI-basierter Systeme im Lehrerkollegium: »Viele haben sich schon gefragt: Was kommt da auf uns zu?« Doch vielleicht auch, weil es eine HTL ist, sei die Mehrheit der Pädagogen gegenüber KI im Unterricht positiv eingestellt. »Ich sage meinen Schülern zum Beispiel, sie können ChatGPT für Ideen verwenden – aber nicht für Copy and Paste«, erklärt Schatzberger. Und wie verhindert sie, dass geschummelt wird?
»Man muss seine Schüler schon sehr schlecht kennen...«
»Verhindern kann ich es nicht, aber es fällt auf. ChatGPT verwendet immer dieselben Formulierungen, Textabfolgen und Argumentationen«, weiß die Pädagogin. »Man muss seine Schüler schon sehr schlecht kennen, dass einem das nicht auffällt, aber es wird in ein paar Jahren wahrscheinlich schwieriger, KI zu erkennen“, meint sie, „wenn die KI zum Beispiel individuelle Stile erlernen kann.«
Es gebe jedoch auch dann immer noch Möglichkeiten, die eigene Leistung der Schüler festzustellen, ist die HTL-Lehrerin überzeugt. »Vielleicht muss ich dann meinen Modus ändern und den Lerneffekt anders feststellen. Zum Beispiel, dass die Schüler Aufgaben in Verbindung mit der eigenen Lebenswelt setzen müssen. Das kann die KI nicht.«
Sie selbst nutze ChatGPT zum Beispiel für das Planen von Schulausflügen, aber auch als Anregung für Prüfungsfragen, die sie dann individuell abändert. Das wird auch vom Bildungsministerium unterstützt, das eine »Handreichung« zum Thema KI im April dieses Jahres an Pädagogen ausgeschickt hat.
Gefakte Hausübungen gab es früher schon...
Hermann Dangl, Lehrer für Netzwerktechnik und Programmieren an der HTL Hollabrunn, bemerkte, dass Schüler plötzlich etwas ablieferten, was sie sonst nicht können. »Theoretisch dürfte ich es nicht bewerten und müsste die Aufgabe wiederholen lassen. In der Praxis aber lasse ich eine ähnliche Aufgabe in der Schule machen oder ich lasse mir vom Schüler die Aufgabe erklären«, schildert Dangl. Hausübungen hätten inhaltlich für ihn ohnehin kein großes Gewicht in der Note, es gehe mehr um »gemacht oder nicht gemacht«.
Das gleiche Problem habe es im Übrigen früher gegeben, wenn Eltern oder Nachhilfelehrer die Hausübungen für Schüler geschrieben haben. »Aber der Nachhilfelehrer kostet etwas, ChatGPT ist gratis«, merkt der Lehrer an. Es ist für ihn daher sinnvoller, Texte in der Schule schreiben zu lassen, und für zuhause andere Aufgaben zu geben.
»ChatGPT ist wie ein Schüler«
Dangl gehörte zur ersten Generation, die einen Taschenrechner verwendete. »Wir mussten Integrale noch händisch lösen und Zapfen rechnen. Heute macht das der Taschenrechner, aber ich glaube nicht, dass die Leute deshalb weniger Mathematik beherrschen. Man kann sich mehr um die eigentlichen Probleme kümmern«, ist der Pädagoge überzeugt.
Während des Programmierunterrichts zeigt er den Schülern manchmal, wie ChatGPT eine Aufgabe lösen würde. »ChatGPT ist wie ein Schüler, dem man alles aus der Nase ziehen muss. Das Ergebnis passt zuerst nicht und somit muss man es wieder und wieder exakter formulieren. Am Ende kommt dann doch ein durchschnittliches Ergebnis heraus«, schildert Dangl. Er findet es interessant, wenn ChatGPT einen anderen Lösungsweg findet, als den, den er selbst unterrichtet. Ebenso könne man von ChatGPT lernen, Aufgabenstellungen genauer zu formulieren.
Quelle: NÖN – Niederösterreichische Nachrichten, Autorin: Belinda Krottendorfer
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