Interview mit Saskia Esken: "Ein Ort, an dem Lehrkräfte ihre Inhalte teilen können"

"Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat eine bundesweite Lernplattform mit auf den Weg gebracht. Im Interview erklärt sie, was die neue Cloud bringen soll. 
Saskia Esken ist SPD-Vorsitzende, Digital-Expertin und Mitglied des Koalitionsausschusses, der in der vorigen Woche ein Sonderprogramm zur Digitalisierung der Schulen beschlossen hat. Im Interview mit Christian Füller spricht sie über die bundesweite Bildungsplattform, die im Rahmen des Programms - zusätzlich zum Digitalpakt, den der Bund mit fünf Milliarden Euro finanziert, entstehen soll. Das Interview erschien zuerst im Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI. 

Frau Esken, soll der Bund jetzt die Produktion von digitalen Schulbüchern übernehmen?
Nein, es soll eine datensichere Plattform entstehen, welche die Privatsphäre der Schüler*innen bewahrt. Die Bildungsplattform, die wir im Koalitionsausschuss beschlossen haben, soll dafür sorgen, dass die Schulen digital arbeiten und sich mit anderen Schulen vernetzen können. Es ist doch komisch, dass das mit einer Schule in Polen im Rahmen des Europa-Programms Comenius klappt – aber die Verbindung zum Nachbarbundesland kriegt man nicht hin. Es soll einerseits Kollaboration unter den Schülern möglich sein, aber auch unter den Lehrkräften. Wir wollen, dass Open Educational Resources entstehen, verbreitet und weiterentwickelt werden ...

… Sie meinen offene Lernmaterialien wie digitale Arbeitsblätter, Quizzes, Erklärvideos und so weiter. Open Educational Resources oder kurz OER.
Ja. Es gibt ja bereits mehrere OER-Initiativen und Plattformen wie die Zentrale für Unterrichtsmedien, Serlo oder Segu-Geschichte, die Lehr- und Lernmaterialien mit offenen CC-Lizenzen bereitstellen. Die diese Materialien nutzen, sind aber bislang ziemlich kleine Communities gewesen. Wir wollen die ein bisschen pushen.

Trotzdem die Nachfrage, weil Sie im Koalitionsausschuss die Plattform als „einen geschützten und qualitätsgesicherten Raum für hochwertige digitale Lerninhalte“ definiert haben. Wie stehen die im Verhältnis zum bisherigen Schulbuch?
Bei digitalen Lernmitteln hat man den Vorteil, dass die Entstehung finanziert werden muss und nicht die Verbreitung. Bei den Schulbüchern ist der Druck bisher der teuerste Faktor, vor allem wenn man an die kleinen Auflagen pro Schulart und Bundesland denkt. Es sollen also bundesweit Angebote digitaler Lernmittel verfügbar gemacht werden, woraus Schulen und Lehrer sich bedienen können – aber eben nicht müssen. 

Wer produziert die Inhalte für diese Plattform und wer kuratiert sie?
Die Lehrkräfte stellen diese Lernmaterialien idealerweise selbst her. Die haben ja bisher auch nicht nur mit Schulbüchern unterrichtet, sondern schon immer eigene Lehrmittel vorbereitet, zum Beispiel Arbeitsblätter, Planspiele und so weiter. Da sind Lehrkräfte sehr kreativ und haben dafür auch eine große pädagogische Freiheit. Mit der Plattform bekommen sie endlich einen Ort, wo sie ihre Inhalte teilen und Kolleg*innen überall im Land zur Verfügung stellen können. Es können aber durchaus auch kommerziell erstellte Materialien sein, nur eben offen lizenziert. 

Es gibt ja bereits eine Bundescloud, nämlich die des HPI in Potsdam, die nun in mehreren Bundesländern vertreten ist. Was hat die jetzt beschlossene Plattform mit der Schul-Cloud des HPI zu tun?
Ich habe anfangs mit den Leuten im Projekt im Austausch gestanden. Ich habe gesagt, „Eure Kompetenz  liegt doch in komplexen Softwaresystemen und nicht in einer Cloud, die man in Potsdam hostet“. Mir geht es darum, dass wir die bestehenden und derzeit entstehenden Lernmanagementsysteme und Clouds an den Schulen, sei es Moodle und Open-Source-Lösungen oder seien es kommerzielle Produkte, so zusammenführt, dass die Leute kollaborieren können. Bis jetzt gibt es da keine Schnittstellen..."

Zum Interview von Christian Füller auf DER TAGESSPIEGEL.de.