Anonymes Lehrergeständnis: Informatik als Pflichtfach - unbedingt!

"Müssen Schüler sich mit Informatik beschäftigen? Unser Autor findet: auf jeden Fall. Als Lehrer in Norddeutschland wünscht er sich mutige Bildungspolitiker - und ärgert sich über Schulreformen und fragwürdige neue Fächer. 
»Alle sollten in einer mobilen Gesellschaft ein Auto fahren können. Aber nicht alle müssen auch wissen, wie es im Detail funktioniert oder gebaut wird.« Mit diesen Worten rechtfertigte Peter Albrecht, Sprecher der Hamburger Bildungsbehörde, 2013 das Ende von Informatik als Pflichtfach an Stadtteilschulen.

Wenn sich schon erwachsene Spitzenpolitiker naiv der Technik anvertrauen, wie geht es bloß Kindern und Jugendlichen, die keinen wissenschaftlichen Dienst haben, der sie zu allen Fragen berät? In fast allen Bundesländern fristet das Fach Informatik ein Nischendasein. Im Wahlpflichtbereich genießt es einen Status wie Religion oder Philosophie. 

Analog alt werden? Lieber nicht
Laut Bitkom arbeiten mittlerweile 678.000 Menschen in der IT-Branche, Tendenz steigend. Zum Vergleich: In der chemisch-pharmazeutischen Industrie waren es 2015 nur noch etwa 450.000, über ein Drittel weniger als noch 20 Jahre zuvor. Keiner käme auf die Idee zu behaupten, jeder könne Seife, Batterien, Aspirin, Benzin und Babycreme benutzen, ohne eine Ahnung von Inhalt und Wirkung zu haben.

Chemie, Physik, Biologie: Das sind die naturwissenschaftlichen Säulen einer sichtbaren und greifbaren Welt. Für die Damen und Herren, die sich die Bildungspläne ausdenken, sicher noch eine gute Grundlage, um analog alt zu werden. Aber für Jugendliche, die noch ein ganzes Leben digitalen Fortschritts mithalten müssen?..."

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