Bauen für Bildung wird weiter forciert - Stadt Köln stellt in diesem Jahr 176,3 Millionen Euro für den Schulbau bereit
Trotz Niedrigzinspolitik, Fachkräftemangel, Vergabehemmnissen und äußerst angespannter Marktlage im Bausektor forciert die Stadtverwaltung den Schulbau in Köln weiter. Um dem Sanierungsstau entgegenzuwirken, stellt die städtische Gebäudewirtschaft in ihrem aktuellen Wirtschaftsplan 2019 allein im Bereich »Neubau, Erweiterungsbau und Generalinstandsetzung« 176,3 Millionen Euro für Großbauprojekte im Schulbau bereit.
Dies ist verglichen zum bereits verdreifachten Budget von 2018 - mit 168,2 Millionen Euro - eine nochmalige Erhöhung um 8,1 Millionen Euro. Im investiven Neubaubereich befinden sich aktuell 61 Schul-Großbauprojekte in der Planung oder im Bau.
Parallel dazu sind in diesem Jahr zusätzliche 56,5 Millionen Euro für die laufende Instandsetzung und Instandhaltung an den 277 Schulstandorten für 261 städtische Schulen vorgesehen. Davon fließen im Durchschnitt jährlich rund 2,75 Millionen Euro allein in die Instandsetzung und Sanierung von Toilettenanlagen.
Die Sommerferien 2019 nutzt die Gebäudewirtschaft, um an 69 der 277 Standorte zu bauen oder zu sanieren. Dies ist mehr als im vergangenen Jahr, als in den Sommerferien Sanierungen und Umbauten an 48 Schulstandorten vorgenommen wurden.
Die Vergabe der jeweiligen Planungs- und Bauleistungen in bis zu 35 Gewerken je Projekt wird erschwert durch die sehr angespannte Marktlage. Die Stichworte sind Niedrigzinspolitik, anhaltender Bauboom in allen Bereichen und Fachkräftemangel. Bei Ausschreibungen gehen auf Grund der derzeit guten Auftragslage entweder keine oder nur wenige Angebote zu deutlich höheren Angebotspreisen ein. Mitunter müssen Vergaben zwei oder dreimal wiederholt werden, weil kein einziges Angebot vorgelegt wird.
Zu den größeren Schulbauprojekten dieses Sommers gehören auch die Vorhaben Kartäuserwall (Humboldt-Gymnasium), Bildungslandschaft Altstadt-Nord am Klingelpützpark sowie Overbeckstraße in Neuehrenfeld.
Humboldt-Gymnasium: Platz für Klassen, Kammermusik und Klettern
Beim Bau der Erweiterung des Humboldt-Gymnasiums am Kartäuserwall 40 in der Kölner Innenstadt sind trotz mancher Hürden auf 3.127 Quadratmetern Nutzfläche 22 neue Klassenräume, fünf Fachräume (Physik/Informatik), Bibliotheks-, Mehrzweck- und Betreuungsräume, eine Lehrküche mit Speiseraum sowie ein Kammermusiksaal mit 153 Sitzplätzen entstanden. Das Bauvolumen beträgt rund 17,6 Millionen Euro. Obwohl Bodenfunde (Betonmauern) die Kampfmittelsondierungen sowie Bohrpfahlgründungen behinderten und Personalmangel bei externen Fachfirmen zu verzeichnen war, wird es gelingen, dass der Erweiterungsbau noch in diesem Quartal 2019 übergeben werden kann.
Das Humboldt-Gymnasium Köln ist das größte Gymnasium in Innenstadt und bietet seit dem Schuljahr 2016/17 alle Bildungsgängen im gebundenen Ganztag an. Zu den Besonderheiten der sprachlich und naturwissenschaftlich ausgerichteten Schule zählt der besondere Schwerpunkt Musikpädagogik. Zusätzlich zum gymnasialen Vormittagsunterricht wird die Möglichkeit einer Ausbildung in einem musikgymnasialen Zweig angeboten, einer im weiten Umkreis einmaligen Einrichtung. Dazu kooperiert die Schule seit 1966 mit der Rheinischen Musikschule, die den Kammermusiksaal ebenso nutzen wird.
Die Akustik im Saal ist auf Kammermusik ausgerichtet. Dank einer elektroakustischen Anlage kann der Saal aber auch anders »bespielt« werden. Der Musikzweig, zahlreiche Arbeitsgemeinschaften und Sportkurse finden nachmittags statt. Abends gibt es häufig Theateraufführungen, Ausstellungen und Konzerte.
In einem europaweiten Wettbewerb hatte sich das Preisgericht für einen Entwurf entschieden, der sich besonders rücksichtsvoll in die benachbarte denkmalgeschützte Umgebung einfügt. Der neue Gebäudeblock an der Ecke Am Trutzenberg/Kartäuserwall mit einer Klinkerfassade bildet zusammen mit dem vorhandenen Schulgebäude am Kartäuserwall eine »Gebäudekante«. Durch Stellung und Anordnung des Erweiterungsbaus ist ein neuer Eingangshof entstanden, der mit einem Hochbeet umgeben von steinernen Sitzmauern eine besondere Aufenthaltsqualität bekommen wird. An der bestehenden Turnhalle wurde eine Kletterwand (Boulderwand) angebracht.
Bildungslandschaft Altstadt-Nord: Völlig neue Farbwelten am Klingelpützpark
Auch die Bildungslandschaft Altstadt-Nord (BAN) rund um den Klingelpützpark wächst weiter. Aktuell werden dort 116,1 Millionen Euro plus Instandhaltungsmaßnahmen in der Größenordnung von 3,2 Millionen Euro investiert. So wird im Baufeld B der Neubau der Kindertagesstätte und die Sanierung und Erweiterung des denkmalgeschützten Gebäudes der Freinet-Grundschule, die sich derzeit in der Dagobertstraße befindet, im IV. Quartal 2019 abgeschlossen. Danach wird das Gebäude für die Realschule am Rhein an die Nutzer übergeben. Daneben entsteht noch ein gemeinsam nutzbares Mensa- und Ateliergebäude sowie ein gemeinsam nutzbares Studienhaus mit Bibliothek für die Bildungslandschaft Altstadt-Nord, die insgesamt wie ein Dorf angelegt ist.
Im Baufeld B sollen Kindertagesstätte, Grundschulgebäude, Realschulgebäude, das Studienhaus sowie das Mensa- und Ateliergebäude im IV. Quartal 2019 fertiggestellt sein.
Auch energetisch wird vielfältig und trotzdem einheitlich gedacht: Grundschulgebäude, Studienhaus, Realschulgebäude und Kita erhalten einen gemeinsamen, klimaschonenden Fernwärmeanschluss. Die Kosten für das gesamte Baufeld B einschließlich Mensa und Ateliergebäude in der Vogteistraße liegen aktuell bei 40,6 Millionen Euro plus weitere 456.000 Euro, die für vorgezogene Instandhaltungsmaßnahmen investiert werden.
Für einen Bildungsverbund von insgesamt acht Einrichtungen in städtischer und freier Trägerschaft entstehen - im baulichen wie im pädagogischen Sinne - ganz neue Räume, die lebensnahes, verantwortungsvolles und inklusiv angelegtes Lehren und Lernen ermöglichen. Für Köln ist die BAN ein Pilotprojekt, auf dessen Basis das Amt für Schulentwicklung einen allgemeinen Rahmen für den Kölner Schulbau verabschiedet hat. Der Grundgedanke: Schule verabschiedet sich von dem Bild der »Lernanstalt« und wird zur »Lernlandschaft«, in der auch Freizeitanteile nicht zu kurz kommen. Baulich war hier der Wunsch, einen Wechsel zwischen verschiedenen Gruppen- und Lernformen und damit auch zwischen selbst- und fremdbestimmter Zeit umzusetzen.
So lernen die Kinder der Grundschule nicht mehr in »klassischen« Klassenräumen, sondern so genannten Clustern. Cluster sind Raumgruppen, in denen der Lern- und Unterrichtsraum und die davorliegenden Differenzierungs-, Aufenthalts- und Erholungsbereiche, wie etwa die Küche, vor der Klasse als Einheit verstanden, entworfen und gebaut werden. Sie bilden architektonisch und später auch pädagogisch eine »Familie«, die sich auch in eigenen Farben ausdrückt. Auch können sie flexibel auch während der Unterrichtszeit genutzt werden. Das Grundschulgebäude und auch die weiteren Gebäude entstehen nach einem an den denkmalgeschützten Bestandsbau angelehnten »Farbwelten«-Konzept, das planerisch unter Beteiligung der Nutzer aufgestellt und nun baufachlich umgesetzt wurde. Allein im Grundschulgebäude entstehen auf rund 1.160 Quadratmetern Nutzfläche acht Klassenräume, acht Gruppenräume, drei Teamstationen, ein Cluster-Forum auf jeder Etage sowie Mehrzweck-, Werk- und Übungsräume sowie Verwaltungs- und Nebenräume.
Parallel dazu wächst, zwischen Ritterstraße und Vogteistraße, der Erweiterungsbau für das Hansa-Gymnasium (Baufeld A) am Gereonswall beachtlich in die Höhe. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass das Gebäude städtebaulich den Straßenzug zu einem gelungenen Abschluss bringt. Im Bestand müssen die baulichen Möglichkeiten im Einklang mit dem Denkmalschutz erfolgen. Schlechtleistungen und die Kündigung seitens eines Auftragnehmers sowie ausbleibende Submissionsergebnisse behindern die Planungs- und Bauphasen teils erheblich.
Die Übergabe für das Baufeld A ist für Ende 2020 geplant. In der Folge sieht der Zeitplan vor, dass das Baufeld C (Abendgymnasium) voraussichtlich Ende 2023 übergeben werden kann. Die Sanierung dieses Gebäudes, das derzeit als Interim für das Hansa-Gymnasium dient, kann dementsprechend erst erfolgen, wenn der Standort am Hansaring wieder genutzt werden kann.
Gesamtschule Helios: Eine neue Interimsschule in der Overbeckstraße
Nach einigen Rückschlägen rückt auch die Inbetriebnahme des Schulgebäudes Overbeckstraße 71-73 in Neuehrenfeld in greifbare Nähe. Das Gebäude wird als Interimsstandort für die Gesamtschule Helios und später auch für andere Schulnutzungen generalsaniert. Hier spielt der Denkmalschutz des Hauptgebäudes eine bestimmende Rolle, aber auch die Begrenzung aufgrund der räumlichen Enge in der nahe gelegenen nachbarschaftlichen Bebauung. Der Hauptbaukörper ist Teil einer Blockrandbebauung einer ansonsten drei- bis viergeschossigen Wohnbebauung. Der Schulhof - umrahmt durch die Einfachsporthalle mit ihren Nebenräumen und den ein- bis zweigeschossigen Pausen-WC-Gebäuden - liegt im Blockinnenbereich.
Haupt- und Nebengebäude stammen aus den Baujahren 1909 bis 1911 und wurden ursprünglich als Volksschule, getrennt nach Jungen und Mädchen, mit jeweils eigenen Eingängen geplant. Ein Blickfang sind zwei historische Trinkwasserbrunnen an den beiden alten Eingangsbereichen aus dieser Zeit. Der ursprüngliche Komplex wurde fast zur Hälfte im Krieg zerstört, war aber dennoch weiterhin gebrauchstüchtig und wurde bis 1948 vom damaligen Ernährungs- und Wirtschaftsamt genutzt. Der Wiederaufbau erfolgte 1951. Im Jahr 1961 entstand der Neubau der Sporthalle mit Nebenräumen und den Pausen-WC-Anlagen. Vom historischen Gebäude ist nur noch das Hauptgebäude mit dem eingeschossigen Anbau an der Overbeckstraße übrig. Das zerstörte Dach wurde in der Nachkriegszeit durch ein einfaches Satteldach ersetzt.
Nun wird das vorhandene Ensemble für rund 12,5 Millionen Euro saniert und heutigen Nutzungsanforderungen gemäß baulich ergänzt. Auf rund 2.420 Quadratmetern Nutzfläche werden Klassen- und Fachräume sowie Raum für die Ganztagsbetreuung mit Mensa, Verwaltungs- und Nebenräumen geschaffen. Die Turnhalle mit ihren Nebenräumen sowie die WC-Anlagen werden ebenso runderneuert. Auch die Umsetzung des baulichen Brandschutzes und die Anforderungen zur Umsetzung der Inklusion stellen hierbei baufachlich eine besondere Herausforderung dar. Zuletzt als Grund- und Hauptschule genutzt wurde der Standort Overbeckstraße im Jahr 2015.