Hype um ploppendes Spielzeug: Sind Pop-Its im Unterricht sinnvoll?

"Sie stecken in den Taschen vieler Grundschüler und werden auf Schulhöfen getauscht: Pop-Its sind bei Kindern schwer angesagt. Jetzt wird diskutiert, ob sie auch im Unterricht eingesetzt werden sollten. In einer dritten Klasse in Bielefeld wird das schon ausprobiert.
Sie kommen als Dinos, Herzen, Ananas oder als Auto daher, mal knallbunt, mal einfarbig. Die Silikonformen mit kleinen Noppen lassen sich mit den Fingern umstülpen und machen dabei ein Plopp-Geräusch. Pop-Its - auch Plopper genannt - sind seit Monaten angesagte Spielzeuge, tauchen auf Tiktok oder Instagram auf, werden auf Schulhöfen getauscht und haben besonders unter Grundschülern einen Hype ausgelöst. Rund um das Trendspielzeug wird inzwischen auch heiß diskutiert, ob sie im Schulalltag förderlich sein können, als Motivationskick oder belohnender Faktor sinnvoll sind.

Eine Pädagogin, die die Plopper seit Neustem im Unterricht nutzt, ist die Bielefelder Grundschullehrerin Viktoria Gerber. Im Fach Deutsch setzt sie die Pop-Its in ihrer dritten Klasse ein, unterstützend und in dosiertem Umfang. Sie hat eigens Lesekarten angefertigt - kurze Geschichten aus dem »Ameisenland« oder von Halloween-Gespenstern. Über eine Plattform - den Marktplatz Eduki, auf der Lehrkräfte »selbst erstellte und erprobte Unterrichtsmaterialien« teilen - werden Pop-Its auch fürs Rechnen und jüngere Klassen angeboten.

»Mit einem spielerischen Ansatz lässt sich Leselust wecken«, schildert Gerber. Lese- und Textverständnis seien zentral für die Entwicklung, Geschichten brauche es für die kindliche Fantasie. »Wenn Schüler auf diese Art mit den Pop-Its an kurze Texte herangeführt werden, trauen sie sich später auch längere Texte und richtige Bücher zu«, beschreibt sie das Ziel. Vor allem Schülern mit Leseschwächen gilt ihr Augenmerk. »Die Frage war, wie kann man ein Instrument, dass unter den Kindern so hip ist, im Deutschunterricht motivierend und sinnvoll einsetzen - unter Einbinden vieler Sinne, auch dem Hören und der Haptik.« 

Eine mögliche Methode zeigt Theodor: Der Achtjährige liest erst eine kleine Geschichte vor, danach sechs Fragen zum Text auf der Kartenrückseite. Mitschülerin Lorena drückt je nach Antwort an einer bestimmten Stelle der Tafel eine der Noppen ein. Beim Blick auf die Lösungskarte strahlen beide: »Wir haben drei richtig.« Gerber berichtet: »Die Kinder springen sehr darauf an. Sie müssen Augen und Ohren konzentriert offenhalten, an den richtigen Stellen drücken.« Wirklich spielen dürfen die Schüler damit nur, wenn sie ihr Pflichtprogramm erledigt haben, meist in der Pause.

Pop-Its »bergen Konfliktpotenzial« 
Es gibt Skepsis. Bei leicht ablenkbaren Kinder könnten Pop-Its kontraproduktiv sein, sagt die Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie, Hanna Christiansen. »Und sie bergen Konfliktpotenzial, wenn Kinder sie trotz Aufforderung der Lehrkraft nicht weglegen.« Die »pädagogisch-psychologischen Baukästen« halten nach ihrer Einschätzung schon genügend Maßnahmen vor, um Kinder zu fördern. Das gelte auch bei speziellem Unterstützungsbedarf, Verhaltensauffälligkeiten oder Konzentrationsproblemen.

Im Rahmen einer pädagogischen Verhaltensmotivation würden Schüler belohnt, die sich an einen bestimmten Plan gehalten und gut gearbeitet haben, erklärt Christiansen. Dafür setzten Lehrkräfte bestimmte Techniken ein. »Es spricht nichts dagegen, auch Pop-Its als Belohnung einzusetzen, also etwa zwei Minuten Spielzeit am Ende des Unterrichts zu erlauben.« 

Sabine Martschinke vom Grundschulverband betont, es gebe bislang keine geeigneten Studien zu möglichen positiven oder negativen Effekten von Pop-Its. Im schulischen Kontext seien es die Lehrkräfte, »die durch einen reflektierten Einsatz sinnvolle Varianten für den Umgang mit Pop-Its suchen und finden.« Eingesetzt würden sie als Zähl- und Rechenhilfe oder es würden auch mal Silben »geploppt«, sagt die Bildungsforscherin..."

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