Hybrides Lernen & Co.: Wie Unterricht sich jetzt verändern muss
"Eine bunte Mischung an Notlösungen und einige neue Begriffe hat die Pandemie den Schulen gebracht. Aber wirklich zukunftsfähigen Unterricht? Wohl kaum – auch wenn viele Schulen sich auf den Weg dorthin gemacht haben. Schaut man auf die Diskussionen um »geschlossene« Schulen, zeige sich, wie hartnäckig in Deutschland an tradierten Bildern vom »richtigen« Unterricht festgehalten wird, meint unsere Gastautorin Wanda Klee. Schule verharre teilweise noch im vorletzten Jahrhundert. In ihrem Beitrag für News4teachers erklärt die Expertin für Digitalität und Schulleiterin, wie Hybrides Lernen aussehen könnte, und fordert neue Standards für die Leistungsmessung.
In immer mehr Ländern beginnt die Schule wieder im von der KMK versprochenen Präsenzunterricht. Bis März 2020 gab es diesen Begriff nicht. Mit der Ausnahme von Unterrichtsgängen war es selbstverständlich, dass Unterricht in der Schule stattfindet. Wo denn sonst? Die Pandemie hat uns gezwungen Unterricht anders zu gestalten. Damit rückte auch der Begriff der Digitalisierung von Schulen oder eben ihr eklatantes Fehlen in den Vordergrund. Ich verwende den Begriff Digitalisierung im Bezug auf Unterricht im engeren Sinne nicht, weil er stärker auf technische Entwicklungen abhebt.
Die Bereitstellung von technischer Infrastruktur ist zwar selbstverständlich zwingend und leider immer noch nicht überall erfolgt. Gleichzeitig ist Digitalisierung aber nicht identisch mit den kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen, die durch diese technischen Prozesse in Gang gesetzt wurden. Letzteres versucht der Begriff Digitalität im Rückgriff auf Felix Stalders Analyse »Kultur der Digitalität« (2016) zu erfassen: Austausch in einer Community z. B. über soziale Medien, Memes, Datenmengen, die von Algorithmen für uns vorstrukturiert werden, damit wir damit überhaupt umgehen können, gehören seit mehr als zwei Jahrzehnten zu unserem Alltag, um nur einige Beispiele zu nennen. Nur in der Schule war es möglich, nicht nur die Technik, sondern auch diese Entwicklungen weitgehend außen vor zu lassen.
Dabei ist und war Schule nie technikfrei. Es gibt Tafeln, Bücher, Kopierer, Mikroskope usw. Die noch immer bestehenden Widerstände gegen den Einsatz digitaler Technik und Formate wie z. B. asynchroner Arbeitsformen zeigen aber, wie stark das Bild von „»richtigem« Unterricht von den tradierten Techniken des 19. Jahrhunderts und den ebenso tradierten Organisationsformen bestimmt wird: Unterricht bedeutet, dass Schüler*innen und Lehrkräfte gleichzeitig an einem Ort sind. Dann findet Lernen statt. So die implizite Vorstellung. Und diese Unterrichtsbilder sind mächtig. Sie sind eine Ursache für die oft erbittert und bisweilen polemisch geführte Diskussion um »geschlossene Schulen«, die auch jetzt wieder im Raum steht..."