Homeschooling verstärkt Bildungsschere

"Seit Wochen sind die meisten Schulen in Deutschland geschlossen. Neue Daten zeigen jetzt: Durch das Homeschooling wird die Bildungsschere noch größer.
Das Homeschooling verschärft die bereits existierende Bildungsungleichheit noch einmal deutlich mehr. Das zeigt eine Umfrage der Landeselternkonferenz Nordrhein-Westfalen unter 22.000 Eltern in NRW, die dem ARD-Politikmagazin Kontraste exklusiv vorliegt. Demnach sind ausgerechnet die Schulformen mit den größten pädagogischen Herausforderungen am stärksten bei der technischen Ausstattung für das Homeschooling benachteiligt: Während rund 60 Prozent der Gymnasiasten in NRW digitale Endgeräte wie Tablets bereitgestellt bekommen, haben nur 30 Prozent der Haupt- und Realschüler Zugang dazu.

Über alle Schulformen hinweg hat der Umfrage zufolge etwa jeder vierte Schüler nur einmal die Woche oder nie Kontakt zum Lehrer. Da die Umfrage online stattgefunden hat, ist davon auszugehen, dass ausgerechnet Familien ohne digitale Ausstattung hier sogar noch unterrepräsentiert sind. »Die Realität könnte also noch schlechter aussehen«, vermutet Anke Staar von der Landeselternkonferenz NRW.

Bildungsrückstände bei einem Drittel aller Schüler
Der Bildungsexperte Professor Klaus Hurrelmann von der Berliner Hertie School of Governance rechnet damit, dass die Corona-Pandemie bei einem Drittel aller Schülerinnen und Schüler zu Bildungsrückständen führen wird. Die Pädagogikprofessorin Anja Wildemann von der Universität Koblenz/Landau befürchtet, dass die in Deutschland jetzt schon große Bedeutung von Herkunft und sozialem Gefüge durch die Pandemie noch mehr Einfluss auf den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern haben wird. »Die Bildungsschere wird noch weiter auseinanderklaffen, weil bestimmte Gruppen von Schülern eben nicht oder zu wenig erreicht werden.«

Dabei hatte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die Bundesländer aufgefordert, für Kinder aus »sozial schwierigen Verhältnissen« eine Betreuung zu ermöglichen. Doch eine Kontraste-Umfrage unter allen Bundesländern zeigt, dass die Betreuungsmöglichkeiten für Grundschulkinder stark variieren.

Starke Unterschiede in den Bundesländern
So sind in Berlin und Brandenburg die Hürden für eine Notbetreuung besonders hoch: Sie gilt nur für Kinder von alleinerziehenden Eltern sowie Familien, in denen mindestens ein Elternteil in systemrelevanten Berufen tätig ist und die keine andere Möglichkeit der Betreuung haben. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn das Kindeswohl gefährdet sei, das müsste aber beispielsweise in Brandenburg das Jugendamt zunächst offiziell feststellen.

In den acht Bundesländern Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden Eltern zwar gebeten, ihr Kind nur im Notfall zur Schule zu schicken, können dies aber eigenverantwortlich entscheiden. In Hessen etwa gehen laut hessischem Kultusministerium rund 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler in die Schule, in Bremen sind es 65 Prozent..."

Zum Bericht auf tagesschau.de.