Schule und Lernen im digitalen Wandel: Digital Education Day in Köln
► Beitrag von Wibke Ladwig, Erstveröffentlichung im digital publishing report:
Virtual Reality, Tablet-Klassen, Medienscouts, interkulturelles Lernen, Cybermobbing, Urheberrecht - und wie erreicht man kritische Massen für digitale Bildung: Die Themenvielfalt war beim nunmehr vierten Bildungscamp der Stadt Köln abermals groß. In den ersten beiden Jahren lag der Schwerpunkt auf Open Educational Ressources (OER). 2015 wurde aus dem OER Camp für freie Bildungsmaterialien der Digital Education Day. Die Öffnung hat dem Bildungscamp sehr gut getan.
Der Anteil der Lehrenden aus der Praxis ist groß: Viele Lehrer und Lehrerinnen von Grundschulen, weiterführenden Schulen und Berufsschulen waren nach Köln gereist, um sich auszutauschen, ihre Arbeit vorzustellen und über dringend zu lösende Herausforderungen zu sprechen. Sie trafen dort auf viele Medienberaterinnen und Medienberater, Referendarinnen und Referendare, Verlagsleute, Unternehmen, Verbände und umtriebige Geister, die in Sachen digitaler Bildung seit Jahren Pionierarbeit leisten. Knapp 300 Interessierte und Akteure der digitalen Bildung aus Deutschland und Österreich nahmen am #DED16 teil, darunter etwa 35-40% Frauen.
Ungewöhnlich für ein Barcamp war die Präsenz der Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik. Dass mit der Stadt Köln eine Kommune Veranstalterin eines Barcamps ist, ist ohnehin bemerkenswert. Dass der Austausch der Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunal-, Landes- und Bundespolitik untereinander ebenso nötig war wie der mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, war offensichtlich. Anlässe gibt es aktuell ausreichend: Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen ein Leitbild zum Lernen im digitalen Wandel erstellt. Der Medienpass etwa soll für alle Schulen verbindlich werden. Mit Gute Schule 2020 wurde ein Förderprogramm für die Schulinfrastruktur beschlossen. Der Bund wiederum will den digitalen Wandel in der Bildung mit dem DigitalPakt#D vorantreiben. Dass das Kooperationsverbot, das eine Zusammenarbeit von Ländern und Bund in der Schulbildung untersagt, vieles erschwert, wurde in der Diskussionsrunde u.a. mit NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann deutlich. Es ist also auf politischer Ebene durchaus einiges in Bewegung.
Aber auch vor Ort in den Schulen: Es ist in jedem Jahr fabelhaft, welche Projekte, Methoden und Ideen von Schulen und für Schulen vorgestellt werden. Die Robotik-AG der CJD Christophorusschule Königswinter führte mit Feuereifer ihre Roboter basierend auf Lego-Mindstormsystemen vor. Das Kölner Erich-Gutenberg-Berufskolleg stellte Ausblicke und Ideen für den Einsatz von VR-Brillen für den Unterricht vor. Das Team hatte zum Ausprobieren gleich eine Ladung Oculus Rift, HTC Vive und Sony VR mitgebracht. Die Möglichkeit, diese zu testen, wurde eifrig genutzt. Das sind nur zwei Beispiele, die begeisterten und Mut machten. Eins ist aber allen klar: Allein die Ausstattung von Schulen mit digitalen Medien ist nicht die Lösung. Letztlich hängt es von den Menschen ab, ob und wie Lernen im digitalen Wandel und mit einem selbstverständlichen Umgang mit neuen Technologien und Kommunikationsformen gelingen kann.
Ist also alles halb so wild und es gibt kein Grund, sorgenvoll die Stirn zu furchen? Wenn man bei den Gesprächen und in den Sessions hinhörte, ließen sich die neuralgischen Punkte gut identifizieren: In Köln atmeten zwar viele erstmal erleichtert aus. Weil sie endlich mal unter Menschen waren, vor denen sie sich nicht rechtfertigen mussten für ihre Ideen und Visionen für Lernen im digitalen Wandel. Für überraschend viele war es das erste Barcamp überhaupt. Schon das Gefühl der Gemeinschaft gibt Motivation, im Schulalltag weiterzumachen. Wie in vielen Unternehmen und Kulturinstitutionen auch hängt die Entwicklung oft an einzelnen Treibern. Die jedoch mit Gegenwind zu kämpfen haben, sowohl im Kollegium als auch bei den Eltern. Wie lässt sich also Bildung, die das Digitale selbstverständlich mit einschließt, Medienkompetenz und der Wille zur Weiterbildung in die Breite bringen? Wer kümmert sich nachhaltig um die technische und digitale Infrastruktur in den Schulen, die von Land und Bund gefördert werden? Was passiert in den Schulen nach der Medienberatung?
Der Vorhang zu und viele Fragen offen? Letztlich ist es wie bei allen Barcamps: Aus den Sessions und den Gesprächen mit anderen nimmt man Impulse und wertvolle Motivation in den Alltag mit. Die Vernetzung mit anderen vermag Energien zu bündeln und oftmals trifft man bei solchen Veranstaltungen die Richtigen, um eine Idee oder einen Gedanken in die Tat umzusetzen. Abends gab’s auf jeden Fall erstmal ein wohlverdientes Kaltgetränk.
Die Sessions wurden übrigens alle kollaborativ bei Etherpad dokumentiert. Die Links dazu sowie weitere Informationen zum Digital Education Day, Bildungsnews und ein Forum gibt es hier: https://digitaleducation.cologne. Auch für Nicht-Kölner!